Communism

Communism

Dienstag, 30. Juni 2015

The President Agrees with Me!

In einem kurzen Artikel für Migazin schrieb ich:
Es ist eine historische Wahrheit, die von vielen US-Amerikanern immer noch geleugnet wird, dass die Privilegien der weißen Mehrheit durch offene Terrorakte gefestigt wurden, gerade nach Abschaffung der Sklaverei und auch nach Abschaffung der Rassentrennung. Ob legal oder illegal, ob in Form eines Lnychmobs oder als „Polizeigewalt“, Terror und Gewaltverbrechen waren niemals nur Ausdruck eines irrationalen, persönlichen Hasses, sondern Teil einer politischen Strategie des Machterhaltes und der Einschüchterung. Es ist dieses Erbe, dass Dylann Roof bewusst antrat und das unter den Teppich gekehrt wird, wenn man seine Tat als Produkt einer kranken Psyche zu erklären versucht.
 Wenige Tage später sprach dann Barack Obama bei der Trauerfeier:
We do not know whether the killer of Reverend Pinckney and eight others knew all of this history, but he surely sensed the meaning of his violent act. It was an act that drew on a long history of bombs and arson and shots fired at churches, not random but as a means of control, a way to terrorize and oppress…

(APPLAUSE)

… an act that he imagined would incite fear and recrimination, violence and suspicion, an act that he presumed would deepen divisions that trace back to our nation’s original sin.

Oh, but God works in mysterious ways.
Und am besten sagt es Jeb Lund, a.k.a Mobute a.k.a Mobutu Sese Seko:
Most of all, do not under any circumstances politicize this moment, because you might risk discovering how much it could echo 50 years of the violently anti-government racialized rhetoric of a Republican Party piggybacking on 150 years of Southern white resentment. Because that would mean at least two weeks of everyone laboriously having to explain to you what a horrible, misleadingly coincidental thing Dylann Roof's alleged acts were. You'll want that explanation to seem fresh when the next coincidence happens. And the next. And the next.


Griechenland: Alles ging nach Plan

Es gibt Momente, da hilft es, die Marxistenkappe aufzusetzen. Nur um mal den Kopf frei zu kriegen, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Achtsamkeit üben.

Ich habe die letzten drei Nächte vor dem Computer verbracht - offiziell auf Nachtschicht, tatsächlich aber angespannt die liveblogs etlicher Zeitungen verfolgend. Für den Außenstehenden ist da viel Nervenkitzel dabei. Es ist ziemlich interessant, so einer Krise in Echtzeit beizuwohnen und zu beobachten, wie alle Seiten, Politiker und Journalisten, gezwungen sind, zu improvisieren. Es ist auch aufregend, dass endlich die lähmende Ruhe der letzten Jahre wieder einmal aufgebrochen ist, und die wichtigen Fragen, welche Europas Zukunft entscheiden werden, mit der angemessenen Intensität gestellt werden. Und natürlich ist da auch noch die pure Sensationsgier.

Ich könnte es auch fast verstehen, wollte man der griechische Regierung einen ähnlichen Vorwurf des mangelnden Ernstes machen: dass sie nämlich aus einer Art politischen Nihilismus heraus zu einer Entscheidung und Klärung drängt und dafür auch ein erneutes Absacken des griechischen Lebensstandards als Risiko einkalkuliert. Yves Smith, deren extrem gut informierte, schonungslose Analyse mir in den letzten Tagen die Stimmung verdarb, beschreibt das Referendum sogar als ein hilfloses Manöver, geboren aus taktischer Schwäche. Offenbar habe Syriza die Härte und Unflexibilität der Institutionen unterschätzt, keinen Plan B vorbereitet, und werde nun – das ist meine Vorahnung – in den nächsten Tagen gnadenlos zerquetscht. In der aktuellen Situation aber hätte eine "Verständigung" immer eine Niederlage bedeutet - die aktuelle Eskalation bietet dann vielleicht die einzige, verzweifelte Aussicht auf etwas wie einen Sieg.

Man sagt immer, die Mächtigen benutzen eine "Krisenrethorik," um die Bevölkerung einzuschüchtern und ihnen Opfer und Kürzungen abzuverlangen. Noch schlimmer ist aber vielleicht die Normalitätsrethorik: Alles wird gut, sagt uns diese, alles geht nach Plan - was macht das schon, wenn die halbe Jugend Südeuropas arbeitslos ist, wenn aus einem verlorenen Jahrzehnt ein halbes Jahrhundert zu werden droht, wenn es immer noch keine Aussicht auf eine Überwindung der Rezession gibt? Arbeiten nicht alle "Partner" "konstruktiv" an einer "Lösung"? Haben wir nicht ökonometrische Modelle aus Washingtoner Think-Tanks, die beweisen, dass wir auf einem guten Weg sind? Und überhaupt, haben wir nicht die Vermögen durch die Krise hindruch gerettet, war es das nicht alles wert? Also bitte, zieh einfach zu deinen Eltern, wenn du keinen Job findest, und sei ruhig. Misch dich nicht in die Politik ein, überlass das den Profis. Wie ein guter Sowjetbürger:


Die versammelten europäischen Regierungen hatten Griechenland nichts anzubieten als weiteres Elend, seit Jahren schon. Der Anschein der Normalität, der auf jeder Pressekonferenz verbreitet wurde, allein schon dem „Investitionsklima“ wegen, musste deshalb der Feind der neuen Regierung sein. Normalität ist, dass das Kapital sich darauf verlassen kann, dass ohne großes Aufsehen seine Interessen gewahrt bleiben. Normalität ist, dass Banken gerettet werden, auch wenn man dafür den Sozialstaat, der ja gar nicht Ursache der Krise war, in halb Europa aushöhlen muss. Normalität ist, dass Griechenland sich einem weiteren schädlichen "Reformpaket" unterwirft.
Will man aber im Namen derer sich durchsetzen, deren Meinung zum Investitionsklima keine Regierung der Welt interessiert, weil sie nichts besitzen, und die keine natürliche Lobby in Brüssel oder Berlin haben, dann ist es vor allem nötig, diesen Anschein der Normalität und der Konfliktlosigkeit zu durchbrechen. "I welcome their hatred..."

Dass es längst nicht mehr um wirtschaftliche Erwägungen geht, sondern um einen Machtkampf, hat selbst Joseph Stiglitz erklärt: "European leaders are finally beginning to reveal the true nature of the ongoing debt dispute, and the answer is not pleasant: it is about power and democracy much more than money and economics." Beide Seiten berufen sich zwar gerade auf Prinzipien, die man nicht aufgeben könne, die Prinzipien des ordoliberalen Sadismus auf der einen Seite, die der griechischen Souveränität auf der anderen - aber beide Seiten meinen damit vor allem die Notwendigkeit, keine Schwäche zu zeigen, sondern auf seinem Recht und seiner Macht zu bestehen. In dieser Atmosphäre müssen alle verwirrten Appelle aus Amerika, doch endlich zur Vernunft zu kommen und Griechenland ein zukunftsfähiges Angebot zu machen, verhallen - wie sich ja auch schon seit Jahren die linksliberale Austeritätskritik (a la Paul Krugman) mit wachsendem Entsetzen den Mund fusselig reden konnte, ohne auch nur den Hauch eines Selbstzweifels bei den europäischen Eliten zu wecken. Falls Varoufakis ernsthaft die Hoffnung gehabt hatte, die europäische Öffentlichkeit nur durch Argumente zur makroökonomischen Vernunft zu bringen, dürfte er das mittlerweile aufgegeben haben - seine Kollegen zumindest haben angeblich immer sehr feindselig auf seine "Vorträge" reagiert.

Woher stammt aber dann dieses verbohrte Festhalten an der gescheiterten Sparpolitik? Diese Frage umtreibt auch Heiner Flassbeck, der sich in einem interessanten Artikel im letzten Jahr die Frage stellte, warum in Deutschland die angebotsorientiere Neoklassik zu 100% den Diskurs beherrscht. Er schreibt:
"Wie erklärt man das? Das ist sicher keine Konspiration. Die haben nicht miteinander telefoniert und sich abgesprochen, dass weder Nachfrage noch Löhne vorkommen dürfen. Es ist vielmehr ein stillschweigendes Übereinkommen, dass man..."
...dass man Klassensolidarität übt? dass man in Austeritätspolitik das perfekte Mittel gefunden hat, Macht und Stellung des Kapitals zu festigen? dass der Verweis auf wirtschaftliche Zwänge das einzige, heute noch akzeptierte Mittel für eine anti-demokratische Politik ist?
Es ist ein vielversprechender Anfang von Flassbeck, ein gutes Bild: Solidarität der oberen Schichten als "stillschweigendes Übereinkommen", so natürlich erscheinend, dass man es kaum noch bemerkt. Aber leider geht es anders weiter: Das neoliberale Meinungskartell sei...
"...ein stillschweigendes Übereinkommen, dass man den anderen, denen, die über Nachfrage und Löhne reden, keinen Millimeter entgegenkommen darf. Nach dem Motto „wer sich bewegt, verliert“ verharren sie starr in ihren Positionen, auch wenn die empirische Evidenz (wie wir hier erst heute wieder gezeigt haben) eindeutig und vollkommen klar ist."
Das ist also die Verschwörung! Die Neoklassiker-Gang ist es nur, welche die links angehauchten Keynesianer von ihrer turf (der deutschen Öffentlichkeit) fern halten will. Der zentrale gesellschaftliche Konflikt wird also zwischen verfeindeten Ökonomen-Cliquen ausgetragen.

Das ist das Elend des Linkskeynesianismus heute - dass er letztlich der herrschenden Klasse einfach nur Irrationalität vorwerfen kann, weil sie sich weigert, kurzfristig eine Ankurbelung der Wirtschaft zu finanzieren, von der sie selbst langfristig profitieren würde. So zum Beispiel der amerikanische Ökonom Mark Blyth, dessen Buch "Austerity - The History of a Dangerous Idea" sehr zu empfehlen ist (das Buch der Stunde - seit 6 Jahren!). Er kann zwar überzeugend argumentieren, dass Austeritätspolitik nur dazu dienen kann, Vermögen zu sichern, die Ursachen der Krise aber sogar noch verschlimmert. Er beschreibt auch sehr gut, wie das Austeritätsdenken aus einer gefährlichen Mischung aus guter alter marktliberaler Staatsfeindlichtkeit und der antidemokratischen Politik des Rechtsruckes der 70er und 80er neu erstand - aber als Fazit bleibt nach wie vor nur die Aussage, Austeritäts sei eine "falsche", gefährliche", "schädliche" "Idee."

Erst als er 20014, zwei Jahre nach Erscheinen seines Buches, ein neues Nachwort verfasste, fühlte er sich - offenbar angesichts des desaströsen Verlaufs der "Eurokrise" - genötigt, noch etwas hinzuzufügen. Auf die umständliche, verschüchterte Weise eines Professors beschreibt er endlich explizit, was selbst dem letzten dreadlockbewährten Blockupydemonstranten längst klar war, dass nämlich Austeritätspolitik Klassenkampf bedeutet:
"Given today's rising inequality in the industrialized countries, "it's propably reasonable [...] to say then that the top 30 percent of the income distribution of these societies earns the vast majority of income and owns most of the assets of these countries.
[...]when you bail out a bank or a bankig system, you are not just bailing the bankers. You are bailing the savers, the pensions, the mortgages, the derivatives written on these loans and annuities [...] So when governments bail banks they are simultaneously bailing the assets and incomes of the top 30 percent of the income distribution.
So think of bailouts as a put option exercisable by the top 30 percent on the bottom 70 percent of the income distribution. When the top 30 percent, people like me and (possibly) you, get our assets bailed and public debt balloons as a consequence; the cost of excercising the put-option is paid for by people who don't have many such assets and rely on government spending and public goods, but that's what gets cut. The poorest segment of society is forced to pay out on an insurance policy that they never agreed to guarantee, and for which they never received a single insurance premium from the holders of the bailed (i.e. insured) assets. This is why austerity is best thought of as a class-specific put-option. It's free asset insurance for the top end of the income distribution, those who also just happen to be the people that vote most and fund elections. That in the long run this individually rational action will prove collectively disastrous for the top end too is a cost not internalized in the option's price. But it is one that we all have to pay the longer austerity continues."
Da ist es. Austeritätspolitik ist nicht "falsch" - das ist eine Frage der Perspektive. Für einige sieht sie sehr, sehr richtig aus. Mit dem Abbruch der Verhandlungen hat Syriza vielleicht einen großen taktischen Fehler begangen, wenn es darum geht, eine "konstruktive" Lösung zu finden. Aber wir sollten der griechischen Regierung trotzdem dankbar sein, dass sie uns daran erinnert, dass gewisse wirtschaftspolitische Fragen grundsätzlich nicht einvernehmlich gelöst werden können. Man kann sich um einen Ausgleich bemühen, Kompromisse schließen, möglichst große Teile der Bevölkerung am Reichtum beteiligen und damit für das System einnehmen. Das ist vielleicht die beste Lösung, so machen das mehr oder minder alle demokratischen Staaten. Aber kämpfen muss man immer.
"Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen."

Mittwoch, 24. Juni 2015

Sarrazins Weltanschauung: Anstatt eines Zweiten Teils

Wie gesagt, ich habe mich geweigert, mich weiter noch mit Deutschland schafft sich ab zu befassen - ich trat in den Streik und habe meine Notizen weggeschmissen, zur Enttäuschung meiner Fans, die sicher gebannt dem zweiten Teil entgegen gefiebert hatten. 

Als Entschädigung hier aber ein Link zu einem Blogpost, der wiederum aus einem Zitat des Anthropologen Ernest Geller besteht, welches viel witziger ist, als alles was ich jemals hätte zu Stande bringen können: http://kieranhealy.org/blog/archives/2003/12/09/islam-and-economic-growth/

Das Buch von Geller klingt faszinierend - "The book explores the mechanisms which have contributed to this result - a civilisation in which (in the main) weak states co-existed with a strong culture, which had a powerful hold over the populations under its sway." Dieser Satz allein hat mir den Mittleren Osten mit einem Schlag sehr viel verständlicher gemacht.

Und wer es wirklich unbedingt wissen muss: Ich hatte vor, zu argumentieren, dass die "Ausländerfrage" bzw. die "Integrationsdebatte" (welches Wort ist hässlicher?) zwar selbstverständlich auf einer libinösen Ebene den Grundantrieb für Sarrazins Buch und seinen Erfolg boten, rein argumentativ in dem Buch aber auch hätte fehlen können. Mit anderen Worten: Die sich nicht integrierenden Araber sind laut Sarrazin bloß ein Spezialfall der wohlstandsverwahrlosten Unterschichten, genauso wie die Schwäche der deutschen Gesellschaft angesichts der fremd-kulturellen Einwanderer genau der Schwäche des verweichlichten und verweichlicht-machenden Sozialstaates gegenüber den "bildungsfernen Schichten" entspricht. Für Sarrazin wird auf den Straßen Neuköllns letztlich der gleiche Kampf verloren, wie in jedem Klassenzimmer, in dem nicht nach Intelligenz und Leistung ausgesiebt wird, oder in jedem Arbeitsamt, das sich nicht vor allem der Disziplinierung seiner 'Kunden' verschrieben hat. Ich denke, dies sagt viel über die politische Funktion von Ausländerfeindlichkeit: sie ist nicht nur strukturell mit der Feindlichkeit gegenüber der unproduktiven Unterschicht verbunden, sondern hat in die rein irrationalen Motive (Angst, Hass, etc.) sehr viel politische Rationalität eingemischt.
I pondered a version of that very question: Why do we fear the things we do? I came to realize that it’s the wrong question. It assumes that people’s fears drive government action and the culture industries rather than the other way around. (Corey Robin)

Atlanticism and its Discontents

Ein Artikel für souciant.com über die Deutsch-Amerikanische Freundschaft auf dem Prüfstand: Glanz und Elend der Atlantiker. Für deutsche Leser wahrscheinlich etwas redundant, was willst du machen.

Teil 1: http://souciant.com/2015/06/the-american-burden/
Teil 2: http://souciant.com/2015/06/america-and-german-independence/

Im zweiten Teil erwähne ich ein bizarres Erlebnis unmittelbar nach dem 11. September: wie nämlich meine gesamte Schule in der westfälischen Provinz sich aufreihte, um ihre Solidaritäts- und Betroffenheitsbekundungen in ein großes Buch zu schreiben, das dann dem amerikanischen Konsulat in Düsseldorf zum Geschenk gemacht wurde. Halb pädagogische Maßnahme, halb Bündnistreue, kam mir schon damals merkwürdig vor.

Auch gut: https://www.youtube.com/watch?v=6fPjpv8TVb4

Zwar nicht von DAF, aber DAF ist scheiße.



Dienstag, 9. Juni 2015

Robert Klark Graham and his Gift to the World

The Crazy and Racist Libertarian Ideology that Drove the Founder of America's First Sperm Bank.

Every year thousands of children are born who will never meet their father. And neither will their mothers know more about him than maybe his blood type: Sperm banks have long become a normal way of conceiving a child. To an uncomfortably large extent, this is thanks to the work of visionary millionare, philantrope, optician, and passionate advocate of eugenics, Robert Klark Graham. At the time that he founded his "Repository for Germinal Choice" in the early 80s, artificial insemination was already widely practiced in the U.S. - the 'technology' is fairly simple, after all. However, the process was far from today's consumer-friendly and professional sperm banks – for the most part, women had to make do with whatever semen their doctor happened to have at hand. Graham, in contrast, offered only the choicest of sperm: it was not for nothing that his sperm bank was soon nick-named the "Nobel Prize Sperm Bank." Even though he failed to collect much sperm from actual winners of the Nobel Prize – the three who did volunteer turned out to be too old, as Nobel Prize-winners are wont to be, to produce high-quality sperm – the quality of the genetical material on offer was his primary concern. And quality, in Graham's mind, had one measure only: the IQ of the donor. Initially, then, only brilliant scientists were permitted to participate, later athletes, succesfull businessmen, and other notables as well. (At some point, allegedly on customer request, looks were taken into consideration, while a gift for the arts always remained only a secondary concern.)

Let Them Eat Birth Control

But intellect remained Graham's prime obsession. His goal was never simply to provide women with a simple and safe way to an artificial insemination – this was only a side effect of his program. The goal he pursued all his life, and to which he sacrificed a large part of his considerable fortune, not to speak of his reputation, was nothing less than to save the human race from genetical decay. Already as a young man, Graham was certain that only his vision of eugenics could possibly counter-act the, as he saw it, almost unavoidable decline in the quality of humankind. His apocalyptic reasoning was simple, putting merely a pessimist twist on the narrative of social darwinism: As the amenities of material progress were softening the struggle for existence, he believed, natural selection could no longer work its age-old magic. The less fit and intelligent would therefore have more and more offspring and humanity would "do away with itself."1 The only solution, according to Graham, was a "soft" form of eugenics, sometimes called "positive," because it was primarily concerned with encouraging the reproduction of intelligent people, a more innocent approach compared to the various beastly froms which "negative" population control had taken in the last century. An intelligent person, Graham always said, should have at least five children – and to take care of the rest, Graham hoped they would be open to voluntary birth control, more radical measures, like forced sterilisation, having gone out of style after the Nazi crimes had sunk in in the American public.

Going Galt in the Space Age

In the 60s Graham had already established a foundation that supported intelligent, but poor parents who wanted to have children – in retrospect a very modest and comparably sane endeavour. Soon, however, after having made a fortune by the early 70s developing unbreakable plastic spectacle lenses, his ambitions grew and he decided to found his own country: Grahamland, a refuge for all the oppressed geniuses of this earth. There, unmolested by the un-smart masses, they would be able to be brilliant in peace, without ever having to see anyone again moving his lips while reading. His plan was to buy a leftover colonial British island in the Atlantic and set up and fund a small community of scientists, who could work in perfect conditions. Soon, he calculated, the profits of their work would make the community completely autonomous. What sounds like science-fiction was going to look like it, too: They would live in specially designed flying-saucer-like buildings, being fed from from 'food factories,' and traveling through a vacuum-driven system of tubes. It would look a little like as if a "James Bond" villain decided to "give back to the community" – and a lot more stylish than the ships that are nowadays being proposed as potential libertarian exclaves for Silicon Valley-types who want to escape the oppressive atmosphere of U.S. jurisdiction.
It never materialized, though: Being too occupied by his business, Graham never went beyond drawing up these plans and recruiting some real estate agents to scout for the perfect island. But the dream never died. Finally, 74 years old, father of eight, and having retired from his business, he made another attempt at saving humanity and founded the sperm bank. Again, in world-saving terms, this venture did not achieve much. No more than 200 children came out of it until it closed in 1999. To Graham, however, that was not the point. He had a vision of an America in which one day every little town would have its very own collection of hyper-intelligent semen. His own sperm bank was only a test, a way of demonstrating to the world that positive eugenics worked and only this way the world could be saved. And taken as a sperm bank, at least, it was a resounding success: Thousands of women approached him, looking for an easy and safe way to an artificial insemination. And to Graham, at least, it did not seem to matter that most of them weren't interested in his eugenical theories at all. As the journalist David Plotz found, who interviewed many of them years later, barely any of them stayed in touch with Graham or filled out his elaborate questionaires with which he tried to prove that his program worked. Sure, they did not mind having smart children, but they did not have the kind of idealist consciousness that made them believe that they were doing their bit in saving Wester civilization. The opposite could be said about the male donors: As Graham's assistant Paul Smith explained, they were idealists, convinced they were doing a valiant deed for the common good – like any blood- or organ-donor, one imagines, only more vain. And while they were screened carefully, the "genetical quality" of the women, in another chauvinist twist, did not concern the sperm bank much at all – while it was of grave concern that they be married and heterosexual, as well as financially secure. The semen was then delivered by FedEx directly to their door step. To give their husbands some sense of accomplishment, it was suggested they do the insemination themselves, right at home.
(By the way, if there is any interest: Paul Smith is now head of his own sperm bank, with some of the same donors he had already recruited for Graham, the "Hereditary Choice Sperm Bank of High Achievers, Las Vegas." He is based in Nevada now, after the authorities in California shut down his business for, among other things, storing human and dog semen in the same containers...)2

Graham's Stalinist Brain

All this is not to say that the eugenic vision underlying the project was of little importance. Eugenics have always fascinated many people, and not all of them have been scary racists – many, as Graham proved, were ordinary folks in sunny late-20th century California. And some had even been communists, like Hermann Joseph Muller, Robert Klark Graham's mentor and eminence grise of the sperm bank project. He had such an influence on Graham's thinking that even though he died in 1967, he remained on the letterhead of the "Repository for Germinal Choice" until the very end. Herrmann Muller received the Nobel Prize in 1946 for his genetical research, and advocated for eugenics all his life. He also had been a stalinist. In 1936, at the height of the purges, he was in Moscow working for the Soviet Institute for Genetics, and wrote a letter to Stalin himself, passionately laying out the case for eugenics. In this letter he repudiated the perverted racial ideology of Nazism (being "quarter-jewish" himself), but more importantly argued against bourgeois defeatism in human biology, and for the compatibility of marxist principles with those of eugenics. One day, the masses would all be geniuses! He wrote: "In the future – freed from the fetters of religious superstition – it will be the pride of many mothers, to mix their germplasm with that of Lenin or Darwin himself and to contribute a child with their biological characteristics to society..." He suggested to Stalin the exact same program which was carried out decades later in the free world by Graham: to collect high-quality sperm and distribute it, the only difference being that he envisioned it to go primarily to unmarried women – a difference in moral priorities propably related to both the lack of Russian men after the Civil War as well as his lack of "religious superstition."
At first, Stalin was receiptive, and even had Muller's book Out of the Night translated into Russian so he could read it himself. But ultimately, genetics lost out to the competing neo-lamarckian theory of, later to be discovered, scientific fraud Trofim Lysenko, which was declared stalinist dogma soon after – one more chapter in scientific insanity, leading to countless famines and the loss of thousands of lives, as it was attempted to "train" wheat to grow in harsh climates. For Muller, this spelt disaster. From now on, genetical research was suppressed in the Soviet Union and he had to fear for his life. In order to escape Russia – and the Gulag – without putting his colleagues' lives at risk by actually fleeing, he volunteered to fight in the Spanish Civil War. From there, he preferred to return to his native USA, ultimately becoming the spiritual and intellectual father of Graham's philantropy.

A Smart Man Too Racist for His Own Good

Other figures connected to Graham's project better fulfill the expected clichés of enthusiasts of eugenics. The only one of the three Nobel Prize-winning donors, for example, who ever publicly admitted that he had participated, was named William Bradford Shockley. He won the prize for his physics research, was one of the inventors of transistor-technology, and one of the founders of Silicon Valley and the commercial computer industry. He was also passionate about scientific racism. His entire WASP-aristocratic reputation as a professor at Stanford, winner of the Nobel Prize, and descendant of one of the earliest English families to settle in New Englad, was destroyed by his angry and fanatical attempt to prove at any cost, all through the 1960s of all times, that Afro-Americans were less intelligent than whites. Isolated by the changing times, he died bitter and alone, and it may give us still some satisfaction to know that none of the sperm he donated ever produced any offspring – no matter what 'brilliance' was lost to the world this way.
Graham may have officially distanced himself from Shockley's racial theories. Still, it can hardly be called a coincidence that all his donors were lily-white. In the official, anonymous catalogue you can find, next to a short description of the donor ("outstanding athlete, succesfull writer with countless publications, graduate of a great university": that's donor "Fuchsia #1"), always his provenance ("caucasian"), and skin color ("light") as well – just to calm any potential concerns.

Of Parasites and Men

Still, more than by simple racism, Graham was driven by the ur-American libertarian belief that all the achievements of civilization are the product of a select few extraordinary individuals, superior in talents, creative spirit, and daring to the sullen, resentful, parasitical masses, who constantly threaten to constrain the freedom of this elect elite, pulling them down to their own mediocre level. Grahamland, the never-built utopian community of which he dreamed in the 70s, is almost directly like something out of Atlas Shrugged, after all. Ayn Rand may not have the same genetical theoretical background, being more inclined to soap-opera moralism revolving around "character" rather than biology, but the basic plot is the same: The productive, heroic elites of industrial society, fed up with being imposed upon by the unproductive masses, simply leave and set up shop in their own little community – not on a futuristic island, in Rand's case, but Huck-Finn-style in the wilderness. Ayn Rand, like Graham, was a product of the post-war moment, when all reactionary certainties about aristocratic classes and social rigidities were challenged by a democratic turn in Western society and a democratic labor movement. Her genius lay in reformulating and celebrating the conception of a natural elite in a way that made sense in this environment: what made somebody part of this elite was not his hereditary place at the top of the social order, but instead, in her individualist ethos, it is his own intrinsic value as a creator and producer that places him at the top – it is not his hreditary, but moral right to be placed above the masses, where he nonetheless naturally belongs. It is this veneration of a (in Graham's case, genetical) elite, and a contempt, if not hatred ("parasites" was one of her favourite words, after all), for the rest of the people that unites Rand and Graham.
It is strange that this dark, social-darwinist aspects of his world-view, even less than the racism, barely, if at all, figure in all the press accounts about the 'Genius Sperm Bank.' Strange, but understandable, too: After all, who wants to ruin a good, fun homestory about a quirky millionaire, uber-ambitious parents, and super-smart teenagers in an identity-crisis with a discussion of this crypto-fascist bullshit? If we are honest, though, his political views are of one piece with whatever else he worked for – just as the dark dreams of eugenics are merely the seedy underbelly of a society based on hierarchies, exclusion, and competition, which even in its liberal form can't let go of the idea that a person's quality of life must be a direct result of his usefulness as part of the productive process.

The Decline of Western Civilization

So, let's take a look at Graham's ideology, and ask: what was he thinking? Thankfully, he layed it all out for us in his 1970 book, The Future of Man, a book which, in its reactionary hysteria, is almost calmingly old-fashioned. (Thanks again, by the way, to "Great White Desert – White Power Online Library," for the upload.) Graham combines classical vulgar social-darwinism with a political theory of modern society: In his view, all of modern history does indeed consist of a series of class struggles, except that the classes opposing each other have always been the intelligent elites and the dumb masses. Intelligent people may be responsible for all of human progress, but they are only digging their own grave: As technological progress softens the struggle for existence, the "unfit" increase in numbers and influence. And these resentful, unfit masses have only one goal: to take revenge on the intelligent and eradicate them as punishment for their superiority. From the French Revolution to modern communism, it is the same eternal struggle between the victimized elites and the hateful, envious masses (zukurzgekommene, as Nietzsche would say). Like any good reactionary, and fitting to the historical moment of his writing, Graham could already discern the signs of the coming, almost unavoidable breakdown of American society: rising crime rates, declining scores in college admission exams, but most of all the left insurgency holding American society in its grip. He was convinced that, if decisive genetical counter-measures were not taken soon, this would mean open war on the intelligent and their extermination in the very near future. This, in its turn, would result in the apocalyptic collapse of Western civilization: the lower orders, increasing in numbers and poised to take over, however intent on looting and consumption, left to their own devices would not be able to realize just how great a system the free market really is. And that would be America's end.

American Übermenschen

It's the sort of apocalyptic treatise that flowered in the 60s both on both the left and the right, and if you keep in mind that he was writing at the time of great race riots all over the US, the rather abstract less intelligent, looting masses of which he is talking all the time gain a little bit in depth and, well, color. But still, it's worth considering this strange book and not dismiss it out of hand as simply ridicoulous.3 After all, Graham only takes to his own surrealist conclusion basic ideas which form the bed-rock of today's conservatism: that it is anyone's own fault if he ends up at the bottom of the social order, that societies are hierarchically ordered for good reasons, that the masses can't be trusted to realize by themselves how great a gift the elites bestow upon them by governing them, that elites are vicitims, and attempts at retribution of wealth merely theft in the name of resentful, lazy losers, etc. And finally, in Spenglerian fashion, that any revolt by the lesser orders is nothing but a sign of the coming, total collapse of everything that is dear to a sensible person. Graham's theory of genetical hierarchies is merely a naturalistic reformulation of this political narrative.
And as much as he was a failure in all his noblest goals, and as much as his old-fashioned biological determinism seemed out of place already in the 80s, his ideas live on in the work of smarter, more smooth-talking writers such as Charles Murray. Murray is a well-connected careerist, offering, in his book The Bell Curve, a strangely respectable renovation of the social-darwinist narrative. It would serve us well, thinking about his ideological heirs, to remember Graham as the ugly and crazy person he was.


1This is a reference to the 2010 bestseller by Thilo Sarrazin, something like the German "Bell Curve," which makes a similar argument about the German welfare state, titled "Germany Does Away With Itself." I've cut all other references to the German context.
2It seems he later ran afoul of Nevada law as well, but I can no longer find the police report online. Who knows what became of him...
3Not to say that it isn't ridicilous. Just take his dedication, in which he thanks his wife that, thanks to her (and her great genetical material, one assumes), he can see himself improved in his sons...

Montag, 1. Juni 2015

Bomber Harris

Bomber Harris, Marshall der Royal Air Force, ist ein Held der Antifa. Immer wieder wird ihm anlässliche vieler Weltkriegsjubiläen rituell für seine gnadenlose Bombardierung der deutschen Städte gedankt. Das gefällt mir. Es ist schön geschmacklos und herausfordernd. Obwohl... heute ist es eben sehr schwierig noch geschmacklos zu sein, das wirkt oft bloß gewollt, und es trifft – so wie die Antifa-Provokation ja auch, wenn man ehrlich ist – eigentlich niemanden... vor 50 Jahren vielleicht, da wäre das ein krasser Spruch gewesen.

Wie dem auch sei, der Name Harris war mir bekannt genug, dass ich aufhorchte, als er mir in einem anderen Kontext begegnete, nämlich in einer Beschreibung des britischen Kolonialkrieges im Irak, als eine widerspenstige arabische Bevölkerung durch Bombardement und Zerstörung ihrer Dörfer 'befriedet' werden sollte. „Dem Irakkrieg doch nicht etwa?“, könnte man da fragen, sich über das lange Leben des Marshalls wundernd. So ist es aber nicht: Tatsächlich hatte sich das empire schon einmal in den 20er Jahren in der misslichen Lage befunden, den Irak befreit zu haben, dabei aber auf den erbitterten Widerstand der Bevölkerung zu stoßen. Unter Einsatz großen Heldenmutes verteidigten deshalb Winston Churchill und eben auch Bomber Harris die Freiheit des irakischen Volkes mit Brandbomben und Giftgas – ein besonders von Churchill geliebtes Mittel gegen die „recalcitrant natives.“

Wie verblüffend genau sich Parallelen zwischen diesem altmodischen kolonialen Abenteuer und seiner kürzlichen Neuauflage ziehen lassen, beschreibt der britische Journalist Robert Fisk:

„The same false promises of a welcoming populace were made to the British and Americans, the same grand rhetoric about a new and democratic Iraq, the same explosive rebellion among Iraqis – in the very same towns and cities – the identical 'Council of Ministers' and the very same collapse of the occupation power, all followed historical precedent. Unable to crush the insurgency, the Americans turned to the use of promisuous air assault, just as the British did before them: the destruction of homes in 'dissident' villages, the bombing of mosques where weapons were allegedly concealed, the slaughter by air strike of 'terrorists' near the Syrian border – who turned out to be members of a wedding party. Much the same policy of air bombing was adopted in the already abandoned democracy of post-2001 Afghanistan.“

Robert Fisks gewaltiges, über 1000 Seiten langes Fazit aus mehreren Jahrzehnten, die er im Nahen Osten als Reporter verbrachte, The Great War for Civilization, ist ein eindrucksvolles Panorama der unmittelbaren Vorgeschichte der heutigen Tragödie. Fisk schildert nicht nur die Konflikte, die er selbst als Reporter beobachtet hat, sondern schafft es, unter Bezugnahme auf seine eigene Familiengeschichte, einen großen Bogen von den Wurzeln der heutigen Kriege nach dem ersten Weltkrieg zu ziehen. Um wirklich zu verstehen, wie es zur aktuellen Situation kommen konnte, hilft es aber nun mal nichts, man muss sich auch dem Erbe des Kolonialismus stellen. Wenn man Fisk liest, wird einem klar, wie mittelmäßig etwa Peter Scholl-Latour vor allem darin war, historische Zusammenhänge zu schildern.

Eine Grundkonstante dieser Geschichte ist dabei der westliche Zynismus angesichts der Mittel, die Recht sind, um eine minderwertige, aufständische Bevölkerung im Griff zu behalten: Angefangen von Bomber Harris, der angesichts des Palästinenseraufstandes von 1936 empfahl, „one 250 lb. Or 500 lb. Bomb in each village that speaks out of turn“, über die spätere Unterstützung von Saddam Husseins Giftgasmord am iranischen Feind und der eigenen Bevölkerung, bis zum Drohnenkrieg unserer Tage zieht sich eine blutige Spur.

Ich verstehe Anti-Deutsche nicht, und sie interessieren mich auch nicht besonders. Ich habe die Vermutung, dass sie aus einem deutschen Provinzialismus heraus einfach kein echtes Verständnis des Kolonialismus und des Imperialismus haben, weshalb sie nicht nur jemanden wie Harris zu einer Ikone wählen können, sondern sich auch sonst gerne mit den Verteidigern der westlichen Wertegemeinschaft gemein machen. Gerade als Deutscher mag es unangenehm sein, vor allem die Kriegspolitik des Westens (und auch Israels) anzugreifen – aber nur weil eine Gesellschaft fortschrittlicher ist, als die ihrer Feinde, heißt nun mal nicht, dass sie keine Verbrechen begehen kann. Vor allem wenn "Fortschritt" vor allem Präzisionswaffen bedeutet.