Ein Helikopterpilot erzählt von seinem Dienst in Vietnam, in einer so knappen, direkten und effektiven Sprache, wie es das im Deutschen nur selten gibt.
Hier zum Beispiel der vollständige Prolog:
I joined the army in 1964 to be a helicopter pilot. I knew at the time that I could theoretically be sent to a war, but I was ignorant enough to trust it would be a national emergency if I did go.
I knew nothing of Vietnam or its history. I did not know that the French had taken Vietnam, after twenty years of trying, in 1887. I did not know that our country had once supported Ho Chi Minh against the Japanese during the Second World War. I did not know that after the war the country that thought it was finally free of colonialism was handed back to the French by occupying British forces with the consent of the Americans. I did not know that Ho Chi Minh then began fighting to drive the French out again, an effort that lasted from 1946 until the fall of the French at Dien Bien Phu, in 1954. I did not know that free elections scheduled by the Geneva Conference for 1956 were blocked because it was known that Ho Chi Minh would win. I did not know that our government backed an oppressive and corrupt leader, Ngo Dinh Diem, and later participated in his overthrow and his death, in 1963.
I did not know any of these facts. But the people who decided to have the war did.
I did know that I wanted to fly. And there was nothing I wanted to fly more than helicopters
Kurv vor Ende seiner einjährigen Dienstzeit fängt Mason dann an, den Verstand zu verlieren. Ihn überkommen plötzliche Angstzustände, ihn quält permanente Unruhe und schlafen kann er nur noch mit Beruhigungsmitteln. Gerade die ruhigen Momente werden unerträglich und oft wünscht er sich sofort wieder zurück ins Gefecht. Heute würde man es PTSD nennen. Die Stelle, an der er seine erste, grundlose Panikattacke beschreibt, hat mich sehr beeindruckt. Für den Leser kommt sie genauso überaschend wie für ihn:
While I read, something went wrong with my brain. Something had to be wrong, because instead of lying back with the book on my lap, the book was on the dirt floor and I was reaching for my .45 and saying, "What?"
"What?" I roamed the tent, looking in corners. I looked outside.
"What?" Something was very wrong. I was tense. I was ready. I waited.
A dark head pushed through the flaps. That? As I drew my pistol, I saw it was Staglioni. "Chow," he said, and ducked back outside. He had not seen my gun.
Es ist so unheimlich, wie er im zweiten Satz erst nicht mehr in der ersten Person spricht. Und diese wiederholte, enervierende Frage, "Was?", als sei da jemand mit ihm im Zelt. Das ist so ein perfektes kleines Detail, das man sich wohl kaum ausdenken könnte, welches aber direkt ausdrückt, wie verstört er ist. Ebenso, dass der andere Soldat seine Pistole nicht bemerkt, was die Situation noch klaustrophobischer macht.
Mir gefällt Robert Masons Buch besser als der andere Klassiker der Vietnam-Autobiografie, "Dispatches" von Michael Herr. Bei Herr - der kein Soldat, sondern Korrespondent für Esquire war - merkt man immer, dass er unmöglich über so ein gutes Thema wie den Vietnamkrieg schreiben könnte, ohne voll und Ganz und für immer unter Beweis zu stellen, was für ein guter, interessanter Schriftsteller er ist. Das ist wie viele dieser etwas wahnsinnigen, aufgedrehten Sixties-Bücher zwar oft seeeehr gut, altert aber auch schlecht. Außerdem hat Mason den Vorteil, dass er, weil er künstlerisch oder intellektuell nichts beweisen will, einfach wahrheitsgemäß seine Sicht des Krieges schilert. Sein Buch besteht also zu 50% aus Beschreibungen komplizierter Flugmanöver, unter Beschuss im vietnamesischen Dschungel, welche laufend Anlass bieten, seine überragenden Fähigkeiten als Pilot anzudeuten, auf die er sehr stolz ist. Auch das Essen (reconstitued scrambled eggs - aus der Dose!) oder die vietnamesischen oder chinesischen Frauen nehmen großen Platz ein. Das Grauen besteht darin, dass der Krieg und das Töten einfach jeden Tag, jede Minute weiter gehen - und mit den amerikanischen Soldaten persönlich eigentlich rein gar nichts zu tun haben.
So ehrlich er auch ist, eine große Aussparung gibt es in Masons Buch: Er verschweigt die Drogen. Vielleicht hatte das aber auch schlicht persönliche Gründe. Nachdem er wegen seiner psychischen Probleme erst aus der Army ausscheiden musste, dann nicht mehr als Pilot arbeiten konnte und schließlich die 70er damit verbrachte unglücklich und trinkend von Job zu Job zu wechseln, entschloss sich Robert Mason Anfang der 80er endlich dazu, das Buch über Vietnam zu schreiben. Seine Frau und er hielten sich als Zeitungsträger über dem Wasser und man kann es ihm kaum vorhalten, dass er auch auf illegale Weise versuchte, an Geld zu kommen. Das beschreibt er auch selbst im Epilog des Buches ... von wikipedia:
In 1981, Mason was arrested for smuggling marijuana on a boat from Colombia.[3] A month later his agent sold Chickenhawk to Viking Penguin based on the one third of the book Mason had delivered. Mason didn't tell anyone of his arrest, including his agent and his editor, until they finished the rest of the book and read the last page.[4]
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